Integriert in Europa

Migranten als interkulturelle Mediateure: Von der Beschäftigungsinitiative zur Öffnung der Berufe

Faouzia G., Faouzia G.: Wo ist mein Arbeitsweg?

Ich habe Italien gemalt. Die Frau kann ich sein oder jemand anders, auf jeden Fall eine Ausländerin. Sie hat so viele Farben, weil alle ausländischen Frauen verschieden sind. Die Fragezeichen deuten darauf hin, daß ich selbst nicht weiß, was ich erreichen kann. Ich bin jetzt 35 Jahre alt und weiß was ich will, nämlich eine neue Rolle: Ich will Mediateurin werden. Mediateure werden gebraucht. Die Zahl der Migranten in Italien steigt. Die Sozialarbeiter verstehen häufig nicht die Lebenssituation. Das muss die Mediateurin klären. In Tunesien habe ich Literatur studiert. Hier fühlt man sich als Ausländer. In Ferrara wohnte ich mit meiner vierköpfigen Familie fünf Jahre in einer feuchten Wohnung mit nur 30 qm. jetzt arbeite ich in der Kinderbetreuung, in der Familienberatung, mit Häftlingen und v.a. mit den Frauen, die keine Kinderbetreuung haben. Wir arbeiten auch in einem Frauennetzwerk. Letztes Jahr haben unsere Kinder angefangen, hier die Schuleinrichtungen zu besuchen. Und manchmal passieren unangenehme Dinge. Es sind kleine Vorfälle, die vielleicht die Lehrer und die Verantwortlichen gar nicht bemerken. Z. B. steckt man zwei Ausländer in die gleiche Klasse oder man setzt sie nebeneinander, weil sie Ausländer sind. Das sieht so aus, als ob sie den Kindern sagen: „Ihr seid Ausländer, ihr seid anders, ihr werdet anders bleiben.“ Eine Frau beschwerte sich über die Lehrerin ihrer Tochter. Die antwortete mir: „Nein, ich habe sie sogar ein Thema über ihr Land schreiben lassen.“ Mutter und Tochter waren böse. Die Mutter sagte: „Du bist Ausländerin, also darfst du nur über dein Land schreiben.“ Das Mädchen ist hier groß geworden.

Die Sammlung „Integriert in Europa“ entstand als internationaler Teil eines Projekts zur Berufsförderung im Rahmen der Europäischen Gemeinschaftsinitiative Beschäftigung INTEGRA. Das Museum gewann 10 Partnerprojekte in Großbritannien, Italien, Dänemark, Frankreich und Deutschland für ein Ausstellungsprojekt, das die Lebenslagen von Migranten in den diversen Maßnahmen und Ländern und ihre Rolle als interkulturelle Mediateure spiegelt.

Die Exponate stammen aus Malaktionen und narrativen Interviews mit 140 Teilnehmern, die vor Ort in den Partnereinrichtungen stattfanden. Seitdem ist die Sammlung der Portraits von Multiplikatoren fester Bestandteil der Ausstellung. Sie wird  aktuell gepflegt und erweitert durch Projekte und Exponate zur Öffnung der Bildungsberufe für Migrantenkinder in Deutschland, durch den Austausch mit Lehrkräften in der Türkei und durch ein Generationsprojekt zur Begegnung von Jugendlichen mit pensionierten Sozialberatern und Lehrkräften.

 

Der erste Teil der Sammlung ist der Perspektive der interkulturellen Mediateure gewidmet, d.h. den Erfahrungen derjenigen Migranten, die beruflich selbst wiederum mit Migranten arbeiten, sei es als Lehrer, Sozialarbeiter, Sozialberater, für interkulturelle Begegnung engagierte Künstler oder Laien, die sich im Rahmen ihrer Arbeit oder in Selbsthilfeprojekten qualifiziert haben. Der zweite Teil umfaßt – nach Ländern und Projekten geordnet – biographische Texte und Bilder von Jugendlichen und Frauen, die zu den typischen Adressaten von Ausbildungs- oder Beschäftigungsmaßnahmen gehören. Der internationale Vergleich von Politik, Programmen und Fachlichkeit der Migrantenarbeit aus der Perspektive von Migranten und Mediateuren schafft noch eine weitere Perspektive.

Der hermeneutische Ansatz von Sammlung und Ausstellung eröffnet Möglichkeiten zur Projektberatung, Evaluation, Fortbildung und aufbauende Untersuchungen. Von hier ist es nicht weit zum Vergleich der lokalen und nationalen Politik und zur Formulierung gemeinsamer Standards der interkulturellen Arbeit. Die Ausstellung ist als Modell für ein permanentes Projekt konzipiert, das eine Weiterentwicklung und Vertiefung unter Berücksichtigung jeweils neuer Partner ermöglicht. Sie wurde zuerst als Wanderausstellung im Schloß von Ferrara, im Düsseldorfer Landtag, im Rathaus Essen, im Bezirksrathaus Köln-Nippes und in der ENS Paris gezeigt und dann ständig im Museum.

Literatur: Katalog, CD, Modellberichte

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