Eritrea – 30 Jahre unabhängig?

Nach 30 Jahren politischer Unabhängigkeit ist Eritrea noch immer mit den Folgen von Bürgerkrieg, neuen Grenzkonflikten, Entwicklungshilfe- und Flüchtlingspolitik konfrontiert.  Die Hauptstadt Asmara war bis 1991 vom äthiopischen Militär  beherrscht, das Land von der Befreiungsbewegung EPLF. Nach dem Ende des Bürgerkriegs bemühte sich die provisorische Regierung von Eritrea um internationale Anerkennung und Unterstützung. 1993 fand ein Referendum über die Unabhängigkeit des Landes von Äthiopien statt.

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Das Nippes Museum führte  zu dieser Zeit mit Hilfe eritreischer Zuwanderer in Asmara eine Befragung zur Jugendsituation in Eritrea durch, speziell zur Jugendarbeitslosigkeit. Daraus entstand eine Sammlung und Ausstellung über Eritrea nach dem Krieg, an der man Fluchtgründe und die internationale Mitverantwortung für die Entwicklung der ehemals italienischen Kolonie studieren kann. Sie stellt Aspekte und Motive für Flucht und Vertreibung dar und kann auch einige Vorurteile über die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge korrigieren.

In der Zwischenzeit hat sich die Situation scheinbar grundsätzlich geändert. Ein Teil der ehemaligen Flüchtlinge ist zu etablierten Zuwanderern in Europa und USA aufgestiegen. In Städten wie Berlin, Frankfurt oder Köln leben sie in der dritten Generation. Die Anerkennungsquote bei Neuankömmlingen aus Eritrea ist hoch (über 80%). Die Fluchtgründe werden der neuen statt der alten Regierung angelastet. Während die im Bürgerkrieg entstandene internationale Solidarität an der Vorgeschichte und der internationalen Beeinflussung des Landes anknüpfte, werden Fluchtgründe heute in fehlenden Wahlen, Militär- und Zivildienst oder Grundrechtsverletzungen gesucht. In der Flüchtlingshilfe wird teilweise eine getrennte Unterbringung von Regierungsanhängern- und -gegnern praktiziert.

Nimmt man die historischen und soziologischen Hintergründe hinzu, ergibt sich ein anderes Bild. Das scheinbar neue Szenario  erinnert dann an die alten Konflikte zwischen ehemaligen Kämpfern und Dagebliebenen, Auslands- und Inlandseritreern, international sozialisierten Arbeitskräften und einer auf Selbsthilfe bedachten Unabhängigkeitsbewegung, die nach dem Kriegsende aufbrachen. Die Grenzen verliefen meist mitten durch die Familien, zwischen Jung und Alt und nicht einfach zwischen Land und Stadt oder zwischen Religionen und politischen Ideologien. Es gab Parallelen zur deutschen Einigung. Zwei Bevölkerungsgruppen mit sehr unterschiedlicher Geschichte prallten aufeinander. Die Kämpfer und die Zivilbevölkerung aus seit Jahrzehnten befreiten Gebieten und die Stadtbevölkerung, die bis zuletzt unter dem Einfluss der Militärregierung lebte, standen sich trotz der Euphorie über die Befreiung fremd gegenüber. Neun Nationalitäten mussten miteinander auskommen. Armut und Arbeitslosigkeit bestimmten das Leben der Mehrheit. Ein langfristiger Wiederaufbau war mit Nahrungsmittelhilfe allein nicht zu bestreiten. Sinnbild für den Anspruch auf Selbsthilfe und Autonomie wurde der Wiederaufbau der zerstörten Eisenbahn durch ihre Pensionäre. Ein Zivildienst sollte die Demilitarisierung flankieren. Schon damals war hierzulande nicht nur die große Politik gefordert, die sich abwartend verhielt. Mindestens ebenso wichtig wie eine diplomatische Anerkennung erschien die Zusammenarbeit von unten.

Das Komitee für Jugendfragen der ersten provisorischen Regierung schilderte folgende Ausgangslage:

„Es war ein Plan der Militärregierung, die jungen Leute zu verdummen, damit sie nicht in den Widerstand gehen. Deshalb ließen sie alle bei den Prüfungen durch. Sie zwangen sie, in eine Organisation einzutreten. Wer nicht kam, mußte Strafe zahlen. Die Jugendlichen prügelten sich in Cliquen auf den Straßen. Viele Schüler wurden Trinker, Berber und Prostituierte. Wenn man heute im Bus fährt, sitzen junge Leute und die alten stehen. Wir haben 10000 Drop-outs, z.B. Abiturienten, die nicht studieren können und keine Arbeit haben. Wo wir herkommen: Bevor ich in die EPLF eintrat, war ich 7 Jahre Lehrer. Im Befreiungskampf, auf dem Feld habe ich 15 Jahre in unseren eigenen Schulen unterrichtet, zum Teil unter der Erde. Ich war vorher auch Lehrer. Ich habe noch in Addis Abeba studiert. Auf dem Feld war unser Leben sehr einfach. Wir schliefen im Schatten. Wir brauchten nicht viele Kleider. Wir mußten für alles selbst sorgen. Ich war 15 Jahre im Befreiungskampf bei den kulturellen Truppen. Ich ging gleich nach dem Abitur zur EPLF. Dort war ich zuständig für Drama, Literatur und Kunst.
Unsere Aufgaben: Wir müssen das ändern. Wir haben die Lehrpläne geändert. Wir richten einen Zivildienst ein. In der Oberschule führen wir Clubs für Kunst, Sport und Musik ein. Wir wollen Alphabetisierung und Bildung über die Massenmedien verbreiten. Die jungen Leute müssen lernen: Die Achtung vor allen anderen Menschen, das Verständnis unserer neun verschiedenen Kulturen, nicht faul zu sein. Im Feld haben wir den Jugendlichen etwas anderes beigebracht als die Schule: den Spaß am Spazierengehen, die Liebe zur Natur, die Sympathie füreinander, die Lust am Lernen. Die Mädchen haben gleichberechtigt mitgemacht.
Wovor wir Angst haben: Vor unserer fehlenden Erfahrung. Wir sind hier in der Stadt, die immer vom Militär beherrscht war, mit vielen kaputten Jugendlichen konfrontiert. Wir müssen viel Erfahrung sammeln. Dabei brauchen wir Unterstützung.“ Interview am 6.4.1992

Diese Politik verlangte eine Mobilisierung und Solidarisierung der eigenen Bevölkerung, Beharren auf fairen Rohstoffpreisen und Begrenzung des quasistaatlichen Einflusses von Nichtregierungsorganisationen. Sie ermöglichte den Aufbau eines kostenlosen Gesundheitssystems, das Sinken der Kindersterblichkeit um 2/3, die Eindämmung von Malaria und Typhus und niedrige Anteile bei HIV Erkrankungen (UNDP 2015). Die Ernährung wurde durch Nahrungsmittelkäufe sicher gestellt, um Abhängigkeit und ungerechten Tausch von Land und Bodenschätzen gegen Nahrungsmittelhilfe abzuwehren. Fehlende oder unehrliche internationale Unterstützung zeigt sich nicht zuletzt in der Flüchtlingspolitik.

Zeugnis der internationalen Verstrickung und Mitverantwortung in Deutschland sind die seit 30 Jahren ansässigen Gemeinden der Bürgerkriegsflüchtlinge und der erneute Anstieg der Zahl nach Deutschland kommender Eritreer auf mehr als 3000 jährlich seit 2014. Die meisten von Ihnen sind wirtschaftlich willkommen und man könnte meinen, dass hier ein Zuwanderungsgesetz angebracht wäre, das gut qualifizierte Flüchtlinge privilegiert. Aber man könnte auch vermuten, dass eine solche Regelung Versuche autozentrierter Entwicklung, wie sie Eritrea beansprucht, erschwert und provinziellem Denken statt Kooperation Vorschub leistet. Die Bewältigung der Jugendarbeitslosigkeit, die Flucht eines Teils der jungen Generation,  Demilitarisierung und Arbeitsbeschaffung im Lande selbst werden dadurch nicht erleichtert. Auch aus diesem Grund gewinnt die Sammlung „Eritrea nach dem Krieg“ eine neue Aktualität.

Das Museum zeigt ständig einen Teil der Sammlung. Der Katalog Eritrea – 30 Jahre unabhängig dokumentiert Lebenslagen in Asmara 1992-95 und der Auslandseritreer in Köln von 1992 – 2021.

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Eritrea nach dem Krieg

Einführung  in die Ausstellung für Presse und Besucher

Die Teilsammlung „Eritrea nach dem Krieg“ dokumentiert  Lebenslagen von Jugendlichen in Eritrea, dargestellt in Bleistiftzeichnungen und Geschichten von 300 Teilnehmern zweier Malkurse im Jugendzentrum Asmara 1993 und 1995 und Interviews mit offiziellen Stellen und verschiedenen Jugendgruppen – von den Kämpfern bis zu den Teilnehmerinnen an Nähkursen der Mission – kurz vor der Unabhängigkeit des Landes 1993. Den zweiten Teil der Ausstellung bilden Zeichnungen und Kommentare aus einem Briefwechsel zwischen Grundschülern in Köln und der Model Elementary and Junior School Asmara. Daneben werden historische Daten, Eindrücke von der Landschaft und Beispiele der Kunst „kämpfender Maler“ und ihr Stilwandel im Zeitablauf gezeigt. Was wurde aus dem hoffnungsvollen Übergang vom Guerillakampf zum Zivilleben?

30 Jahre Krieg, 65000 Tote, 10000 Kriegsversehrte, Waisen und 750000 Flüchtlinge kennzeichneten die Ausgangssituation, die Eritrea als ein ganz normales, armes Land der sogenannten Dritten Welt mit Bürgerkriegsvergangenheit erscheinen lässt. Nach seiner Unabhängigkeit und Anerkennung durch die westlichen Länder fand sich Eritrea bald in jedem Handbuch der Dritten Welt, das die Rate der Alphabetisierung (20% auf dem Land), die Zahl der Einwohner (3,5 Mio.), die Niederschläge, das durchschnittliche Jahreseinkommen, die Geburtenrate und andere nützliche Daten verzeichnet, die scheinbare Besonderheiten des Landes, ja seinen Entwicklungsgrad kennzeichnen sollen.

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Tatsächlich verbirgt sich hinter dieser Sichtweise die Anonymität eines Klischeebilds, das Bild eines mehr oder weniger hoch entwickelten Landes, das an seiner Imitationsleistung hinsichtlich der westlichen Industriestaaten bzw. Demokratien zu messen ist: Wurde das Mehrparteiensystem eingeführt? Wie viel Prozent der Bevölkerung sind von Nahrungsmittelhilfe abhängig? Stellt der Tourismus eine hoffnungsvolle Branche dar? Um diese Fragen zu klären, bedürfte es keiner Ausstellung, sondern allenfalls einiger Nachrichten, wie sie auf der Homepage des Auswärtigen Amtes der Bundesregierung nachzulesen sind. Eritrea wäre dann ein willkürliches Objekt politischer Halbbildung, die dazu neigt, in diesem, wie in jedem anderen Entwickungsland v.a. ein Anschauungsobjekt für die Probleme der sogenannten Unterentwicklung oder der Entwicklungshilfe zu sehen. Diese Sichtweise war und ist leider nicht nur bezeichnend für die schlechteren Theorien, sondern auch für ein gut Teil der Drittwelt-, Friedens- oder Solidaritätsbewegung: Veränderung, nachholende Entwicklung wird zu oft dort, bei den anderen angestrebt. Zu selten wird nach den inneren Gründen, Zielen und Projektionen bei uns gefragt. Zunächst schien die offizielle Ansicht Eritrea günstig gestimmt zu sein, das als Hoffnungsträger und – wenn auch noch die Mehrparteienwahl stattgefunden hätte – als Vorbild für andere afrikanische Länder tauglich schien, obwohl die Befreiungsbewegung noch bis zum Ende des Bürgerkriegs keine offizielle Unterstützung aus Bonn erhielt. Es wäre auch heute falsch, das fremde Land als Projektionsfolie für die eigene Befindlichkeit zu nutzen, was selbst noch dann geschieht, wenn in Deutschland oder Europa nicht realisierte Utopien den anderen zur Verwirklichung aufgetragen werden.
Die in der Ausstellung gezeigten Bilder aus der Zeit der Befreiung zeigen die harten, faktischen Realitäten der Armut, der Kriegsfolgen, des Stadt-Land-Gegensatzes und der internationalen Abhängigkeit. Aber sie sprechen auch noch eine andere Sprache, die überhaupt nicht in das Klischeebild des Entwicklungslandes passt. Es handelt sich um eine Sprache  der handelnden Personen, um eine teils romantisch, teils technologisch inspirierte Gegenüberstellung von öffentlichen Symbolen, politischem Handeln und persönlicher Lebensgeschichte. Die Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit erzeugte nicht nur eine eigene Symbolwelt, die in den Bildern teils imitiert, teils ironisch-distanziert zitiert wird, sondern auch eine vielfältige Erfahrung der Offenheit und Nachdenklichkeit in ganz konkreten, alltäglichen Situationen, eine Versprachlichung und Verflüssigung klischeehafter Beziehungen, Haltungen und Normen in einem Moment des sozialen Umbruchs.
Es wird für die Betrachter der Ausstellung nicht immer leicht sein, zu entscheiden, ob die Bilder eher abbildhafte Illustrationen einer politischen Konzeption darstellen oder ob der kritische Vergleich mit den eigenen Erfahrungen überwiegt. Immer aber wird dieser Vergleich von Symbol und konkreter Aktion oder Situation präsent sein. Dagegen werden ästhetische Kriterien den Zeichnungen, die sicher auch von guter Zeichentechnik zeugen, kaum gerecht. Die Frage, ob die Arbeiten realistisch, modern oder naiv gemalt sind, erscheint banal im Vergleich zu der Frage nach der für unsere Wahrnehmung schon fremden Bezugnahme auf einen öffentlichen – oder auch nur gemeinschaftlichen – Adressaten.
Alle Bilder stoßen genau diesen Vergleich bzw. das Nachdenken über die Frage an, welche politischen Symbole und Handlungen aufgrund der eigenen Lebensgeschichte öffentlich zu akzeptieren sind. So ungewohnt der in allen Bildern durchscheinende Vergleich von Lebenssituation und politischer Reflexion auf den ersten Blick erscheint, so vertraut, heimisch, modern wirken die Themen und Konflikte, die von den Jugendlichen angesprochen werden. Keines der präsentierten Symbole, von den sprichwörtlichen Schwertern, die zu Pflugscharen umgeschmolzen werden, bis zum Geier aus Australien, der an einen Befreiungsmythos erinnert, das nicht in einem Industrieland anzutreffen wäre. Keines der Themen, vom Stadt-Land-Gegensatz, vom Bild der Arbeit über Krieg und Frieden, Generationskonflikt, Jugendarbeitslosigkeit, traditionelle und moderne Musik-, Fest- und Spielkultur bis zu romantischer oder technokratischer Naturbetrachtung, das nicht in einer Weise auch im westlichen Medienbetrieb aufgegriffen, gerecht oder ungerecht behandelt würde. Hier trifft man nicht auf eine nachholende Entwicklung, sondern auf eine gleichzeitige, ja vorauseilende Versprachlichung genuiner Jugendthemen, wie sie ebenso in unserer Industriegesellschaft anzutreffen sind – jedoch ohne die Tarnung der scheinbaren Gleichgültigkeit und öffentlichen Bedeutungslosigkeit, die Jugendthemen in Deutschland – jenseits der Gewaltberichterstattung – meist anhaftet. Das Ernstnehmen der Jugendthemen in den Bildern der eritreischen Jugendlichen, ihr Sich-Selbsternstnehmen erzeugt für unsere Augen einen Verfremdungs- oder V-Effekt, eine Klarheit oder auch einen Schock, der die Einfachheit des scheinbar Schwierigen verdeutlicht. Ist der Lerneifer, den zahlreiche Bilder und Briefe belegen, nur naiv, rückständig, unmodern, aufsteigerhaft verspiegelt oder gar politisch ideologisch motiviert? Oder ist er nüchterne Konsequenz einfacher Nachdenklichkeit? Darf die Hoffnung auf Vereinfachung der Landarbeit durch Maschinen angesichts der nötigen Nahrungsmittehilfe bereits als technokratisches, ökologisch naives Anliegen interpretiert werden? Oder ist hier, wie beim Nebeneinander von traditionellem und modernen Tanz, das Modell von Fortschritt und Rückschritt überhaupt in Frage zu stellen, weil es die Möglichkeit der Versöhnung oder der beiderseitigen Weiterentwicklung ebenso ausschließt wie die Schaffung von etwas Neuem durch Aneignung und Veränderung des Alten? Zu dem lebendigen Bezugspunkt einer mobilisierten Lebenssituation mit politisch-öffentlicher Nachdenklichkeit, den die Bilder vermitteln, gehört auch, daß Grenzen der eigenen Deutung oder Reflexion als solche angesprochen oder zumindest nicht überspielt werden. So liegt es sicher nicht nur am geringen Alter der Jugendlichen, wenn die koloniale Vorgeschichte nur in einem Bild, dem Autobild, in Erinnerung gerufen wird. Hier zeichnet sich ab, dass die Kontinuität der kolonialen Erziehung im Vergleich zu dem mit der Befreiungsbewegung assoziierten Bruch im neuen Selbstverständnis der Jugendlichen eher unterschätzt wird. Die große subjektive Bewertung von Lern- und Arbeitstugenden wie auch die eher unkritische Utopie eines Fortschritts durch technologische Entwicklung beinhaltet möglicherweise auch ein Stück Überidentifikation mit kolonialen Tugenden bzw. postkolonialen Leistungsstandards, ohne daß dieses Moment der Selbstkolonisierung immer bewusst zu sein scheint. Dennoch führt die Ausstellung dem Betrachter nicht nur einen Spiegel der eigenen kolonialen und marktwirtschaftlichen Einflussnahme vor, sondern auch eine Erinnerung an die besseren Seiten der eigenen Tradition, wenn man so will: ein Relikt demokratischer Jugendkultur der Industriegesellschaft in Eritrea.
In diesem Sinne jedenfalls handelt die Ausstellung nicht nur von Eritrea, sondern auch und vor allem von der hiesigen Denk- und Lebensweise von Jugendlichen. Nicht das Nachträgliche, Nachhinkende in einer vermeintlich geradlinigen Entwicklung, sondern die Gleichzeitigkeit und die eigene Unklarheit über die hiesige Lebenssituation kann von den Betrachtern erfahren werden.
Die Ausstellung mag als Landeskunde oder entwicklungspolitisches Illustrationsobjekt von Interesse sein, baut aber auch eine Brücke zur Auseinandersetzung mit Fremdenfeindlichkeit in der eigenen Stadt, Vereinigung oder Schule. Sie eignet sich für eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit autoritären Denkweisen jenseits Appell und Symbolik, weil sie Exotik und Vorurteile unterläuft, das Fremde als Vertrautes, die eigenen Vertrautheiten als Moment der Vereinzelung erkennen lässt. Die Bilder vom traditionellen Dorfleben wirken nicht mehr exotisch, wenn sie im Zusammenhang mit der Suche nach einem sinnvollen Zusammenleben in Stadt und Dorf heute und hier gesehen werden, wie es im Bild vom Zivildienst anklingt. Auf bei uns verdrängte Themen wie Jugendarbeitslosigkeit, Sinn von Schule und Bildung oder auch den verklemmten Umgang mit Festen, Tanz und Musik wird in den Bildern und Briefen zwanglos angespielt. Und nicht zuletzt regt die Konfrontation mit dem besonderen, demokratischen Medium oder Jugendmedium Bleistiftzeichnung auch zur Auseinandersetzung mit einer anderen Form von Autoritarismus an, ein Zurück zu Zeichnung und Sprache trotz der Medien.
Das Nippes Museum bietet Führungen für Gruppen und Klassen an. Themen sind individuell zu vereinbaren. Mögliche Schwerpunkte sind neben den Ausstellungsthemen auch Querschnittsfragen, wie z.B. Familie, Schule, Arbeit, Migration und Flucht, Ausbildung für Bildungsberufe, Diskriminierung und Kommunalpolitik.

„Eritrea nach dem Krieg“ ist Teil der permanenten Ausstellung:
Kempener Str. 95 und Merheimer Str. 151 50733 Köln

Führungen, Workshops und Katalog (240 S.):

0049 221 – 727275 und nippes.museum@web.de.
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